Kurz vor sechs bin ich hier an einem Parkplatz aus dem Auto gekullert, nun sitze ich in einem Straßencafè, zu meiner linken ein ziemlich gutes Sandwich. O2 hat hier keinen Partner, weshalb die Nachrichten von unterwegs erstmal etwas spärlicher fließen. Egal, denn ich war zwischendurch sicher, es nicht hierher zu schaffen. Doch von Anfang an.

Pünklich zu meiner Abreise hört es in München auf zu regnen. Als ich um kurz vor zehn an der Karl-Preis-Straße aussteige, fragt eine alte Dame, wo es nach Ramersdorf geht. Ich habe keine Ahnung. Und ich will Europa bereisen? Immerhin finde ich die Auffahrt zur A8, wo auch schon zehn Minuten später ein schwarzer BMW anhält und mich einlädt. Am Steuer sitzt Rajan, Betriebsleiter vom Paradiso (die Münchner kennen den Club). Er kommt gerade erst von der Arbeit, ist aber irgendwie fitter als ich. Nachdem wir ein bisschen über die Münchner Clubszene geplaudert haben, stehe ich auch schon an der Raststätte Holzkirchen. Beim Warten kommen zwei junge Mädchen auf mich zu“ Wir können Dich nicht mitnehmen, weil unser Bus schon voll ist“, sagen sie ein bisschen enttäuscht, „aber dafür kriegst Du einen Lolli.“

Kein Familienurlaub am Gardasee für mich also, stattdessen fahre ich mit Stefan, der gerade auf dem Weg zur Arbeit auf dem Golfplatz ist. Er lüftet auch endlich das Geheimnis, was Golfplatzmitarbeiter im Winter machen: Büroarbeit und Urlaub nehmen. Im Urlaub seine Eltern, weshalb er für zehn Tage sturmfrei hat. Nachdem ich ihm das Versprechen abgenommen habe, nicht nur Fertigpizzas zu essen, schmeißt er mich kurz hinter Rosenheim an einem Rastplatz raus.
Nach einer viertelstündigen Wartezeit nimmt mich ein österreichisches Pärchen mit. Ihr Schicksal: Sie wollten zum Bungeespringen nach Innsbruck, doch der Wind war zu stark. Inzwischen scheint die Sonne, aus den Boxen dröhnen die Absoluten Beginner (wie lange hatte ich sie nicht mehr gehört) und wir schlängeln uns durch die Berge,denen das wahrscheinlich ziemlich egal ist. Einmal steigt rechts Rauch auf – ein Kirchenritual, bei dem ein Strohhaufen verbrannt wird. In wenigen Momenten liegt er schon hinter uns.
Ich erwache aus meiner meditativen Stimmung, als kurz nach Berchtesgaden die Autobahn Richtung Ljublajana nach rechts abbiegt, während wir geradeaus Richtung Salzburg fahren. Eine Mischung aus Pein und Panik überkommt mich. Wenige Minuten später steige ich in Salzburg an der Auffahrt aus, die mich wieder auf die richtige Autobahn zurückführen soll. Doch die Versprechung meines Fahrerpaares („Natürlich kommen hier Autos vorbei“) stellt sich als trügerisch heraus: Ich bin im Europacenter-Gewerbegebiet gelandet, wo an Wochenenden traditionell recht wenig los ist. Ich habe mich vertrampt, die bittere Feststellung lässt sich nicht mehr leugnen.

Kurz nach 13 Uhr, ich stehe nun schon 40 Minuten, treffe ich eine Entscheidung: Hier kommt niemand mehr vorbei, und wenn, dann hält er im Kreisverkehr nicht an. Ich beschließe deshalb Plan B: Ich irre über den IKEA-Parkplatz, auf der Suche nach einer S-Bahn, die dort irgendwo fahren soll. Tatsächlich sitze ich um 13:17 Uhr in der S-Bahn zum Salzburger Hauptbahnhof. Ich breche meinen Tramperschwur, den ich niemals abgegeben hatte, und nehme dort ein Taxi. „Zur Autobahnauffahrt auf die A10“, sage ich gehetzt zum Fahrer – immerhin muss ich am Abend in Ljublajana sein, wo eine Couch auf mich wartet.
Um 14 Uhr stehe ich tatsächlich im Schatten des Watzmann vor der Auffahrt, wo ein Van mit einer eleganten Bremsung anhält und mich auflädt. Andreas nimmt mich ein paar Kilometer mit, er ist Tischler und klagt wie alle Handwerkskönner über die Unfähigkeit der heutigen Auszubildenden. Kurz vor der Mautstelle Sankt Michael setzt er mich auf einer Raststelle ab. Im Schatten der Alpen mache ich eine erste freiwillige Pause, wie das Bild zeigt.

Das Foto hat Irene von mir gemacht. Als sie mir mein Schlauphone zurückgibt, frage ich sie, ob sie und ihr Freund zufällig nach Slowenien müssen. Und tatsächlich: Boris und sie fahren in den Urlaub nach Kroatien. Den Stau vor dem Tauerntunnel überstehen wir durch laute Lektüre aus der Bunten, zudem finden wir auch noch einen Alpen-Rasthof, der sogar Thomas Bernhard unheimlich gewesen wäre.

Und nun sitze ich also hier, habe gerade noch einen Journalisten aus Norwegen kennengelernt und treffe gleich meine Couchsurf-Gelegenheit. Deshalb mehr an anderer Stelle.
P.S: Lbjubljana ist wirklich schön!
Ich bin schwer beeindruckt, Johannes! Ich hatte nicht gedacht, dass Du das gleich an einem Tag schaffst, nach Lbjubljana. Ich hab aber auch keine Ahnung von Trampen.
Ich für meinen Teil hab heute auch ein paar Kilometer zurückgelegt: Von Hamburg nach Berlin und wieder zurück – Wohnungsübergabe. Wenn Du also wieder in Deutschland bist, freue ich mich sehr, Dich am Richardkiez begrüßen zu dürfen.
Hier regenetes es überigens wie aus Eimern. Sowohl in Hamburg als auch in Berlin. Du bist in Lbjubljana also auch in der Hinsicht besser aufgehoben. :]