Frankreich und ich werden auf der Tramper-Ebene keine Freunde: Die Reise von Calais nach Brüssel gehörte zu den bislang anstrengendsten Tagen (und ich hatte ja gedacht, dass das Hopplahopp geht).
Angeblich ist Frankreich ein Tramper-Land, aber meine Erfahrungen waren komplett entgegengesetzt: Die Kreisverkehre mit teils steilen Kurven zu den Auffahrten machen das Anhalten unmöglich. Das führt zu kuriosen Situationen: In Dunkerque stehe ich an der Auffahrt zur A 16, stelle aber fest, dass niemand anhalten wird (zumal mich zwei junge Franzosen auf der Vorbeifahrt bespucken) und laufe mit meinem Schild zu der Einfahrt des Kreisverkehrs, bei der ich am meisten Autos erwarte. Tatsächlich hält eine Dame und winkt mich aufgeregt in ihren Wagen. Als ich drin sitze, erzählt sie mir auf französisch, dass hier ja niemand halten werde, ich müsse direkt zur Auffahrt. Eine halbe Kreisverkehrrunde später hält sie an und ich stehe wieder dort, wo ich angefangen hatte, um die kürzeste Mitnahme meiner Reise bereichert.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits in Calais nach längerer Wartezeit den Weg am Grünstreifen neben den Leitplanken genommen, um zur nächsten Auffahrt zu kommen. Schließlich hatte mich ein Trucker für einige Kilometer mitgenommen. Auch in Dunkerque beschließe ich, erst einmal weiter zu laufen, doch der Weg durch das hohe Gras ist mühsam, zudem ist der Bereich neben den Leitplanken komplett bewachsen. So kommt es, dass ich über Felder und Wiesen wandere, Abwasserkanäle überspringe, hinfalle, Rebhühner aufscheuche, ziemlich laut fluche und am Ende an einem Autobahnkreuz herauskomme, wo ich meinen Daumen von jenseits der Leitplanke in den fahrenden Verkehr halten muss. Tatsächlich hält ein Fahrer auf dem schmalen Seitenstreifen an, schimpft mich, dass das alles zu gefährlich sei und bringt mich zum nächsten Parkplatz. Und hier fügt sich plötzlich alles: Ein britisches Ehepaar macht gerade Rast, sie sind auf dem Weg nach Deutschland (über Brüssel!) und nehmen mich nicht nur mit, sondern kredenzen mir vorher auch noch Tee und Kuchen.

Dass ich in Brüssel in einem recht teuren Hotel absteigen muss, weil weder Couches noch Hostels verfügbar sind, ist nur eine Randnotiz. Wenn man Menschen trifft, die man bereits seit Jahren nicht mehr gesehen hat, nimmt man das gerne in Kauf – und außerdem beginnt ja am Freitag die letzte Großetappe nach Deutschland.